Das Thema Barrierefreiheit im digitalen Raum rückt zunehmend in den Fokus, insbesondere durch das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das Unternehmen verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Diese Vorgaben betreffen nicht nur große Konzerne, sondern auch viele kleinere Unternehmen, Selbstständige und Betreiber von Webseiten und Apps. Aber was genau regelt dieses Gesetz, und warum ist es für Webseitenbetreiber so wichtig, jetzt zu handeln?
Was ist das Barrierefreiheitsgesetz?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das 2021 verabschiedet wurde, setzt die europäische Richtlinie (EU 2019/882) um und zielt darauf ab, den Zugang zu digitalen Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Konkret bedeutet das: Webseiten, Apps, Software und viele weitere digitale Produkte müssen so gestaltet sein, dass sie von allen Nutzern gleichermaßen genutzt werden können, unabhängig von deren körperlichen oder geistigen Einschränkungen.
Zu den betroffenen digitalen Angeboten gehören:
- Unternehmenswebseiten und mobile Apps
- E-Commerce-Plattformen und Online-Shops
- Online-Banking und Ticketbuchungsdienste
- Softwareprodukte und technische Geräte
Das Gesetz fordert die barrierefreie Gestaltung dieser Angebote bis spätestens 2025.
Warum ist Barrierefreiheit wichtig?
Barrierefreiheit ist weit mehr als eine gesetzliche Anforderung. Sie stellt sicher, dass jeder Mensch – unabhängig von Einschränkungen – digitale Inhalte und Dienstleistungen problemlos nutzen kann. Weltweit leben über eine Milliarde Menschen mit einer Behinderung, von leichten Einschränkungen bis hin zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen. Für viele von ihnen kann das Internet ohne Barrierefreiheit ein „unüberwindbares Hindernis“ darstellen.
Ein einfaches Bild: Eine unzugängliche Webseite ist wie eine Tür ohne Rampe, durch die Menschen im Rollstuhl nicht gelangen können. Eine barrierefreie Webseite öffnet diese Tür für alle. Dies betrifft nicht nur Nutzer mit Behinderungen, sondern auch ältere Menschen oder Personen mit temporären Einschränkungen, wie zum Beispiel einer Sehschwäche.
Was bedeutet das für Webseitenbetreiber?
Mit dem BFSG steigt der Druck auf Unternehmen, ihre digitalen Produkte barrierefrei zu gestalten. Besonders betroffen sind Webseiten und Apps, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen basiert auf den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die in verschiedenen Stufen (A, AA, AAA) die Anforderungen festlegen. Für die meisten Unternehmen ist es ausreichend, den Standard WCAG 2.1 AA zu erfüllen.
Einige der wichtigsten Maßnahmen für barrierefreie Webseiten sind:
- Verwendung von Alt-Texten für Bilder, damit Screenreader die Inhalte vorlesen können.
- Eine klare, einfach bedienbare Navigation, die auch nur per Tastatur funktioniert.
- Hohe Kontraste und gut lesbare Schriftgrößen, die für Nutzer mit Sehschwächen geeignet sind.
- Bereitstellung von Untertiteln und Transkripten für Video- und Audioinhalte.
- Vermeidung von Flash-Animationen und anderen schwer zugänglichen Technologien.
Rechtliche Folgen bei Verstößen
Wer bis 2025 keine barrierefreien digitalen Angebote bereitstellt, riskiert erhebliche Konsequenzen. Das Bußgeld für Verstöße gegen die Vorgaben kann bis zu 100.000 Euro betragen. Hinzu kommen mögliche Verbandsklagen, die von Interessensgruppen eingereicht werden können, die Menschen mit Behinderungen vertreten. Für viele Unternehmen bedeutet das nicht nur ein finanzielles Risiko, sondern auch einen drohenden Imageschaden, der schwerer wiegen kann als das Bußgeld selbst.
Ein inklusives Internet für alle
Das Barrierefreiheitsgesetz sorgt dafür, dass die digitale Welt für alle zugänglich wird. Unternehmen, die frühzeitig auf Barrierefreiheit setzen, haben nicht nur den Vorteil, rechtlichen Vorgaben zu entsprechen, sondern bieten auch eine bessere Nutzererfahrung für alle Menschen. Barrierefreie Webseiten sind nicht nur inklusiv, sie steigern die Reichweite und können zu einer stärkeren Kundenbindung führen.
Je früher Unternehmen ihre digitalen Produkte anpassen, desto besser sind sie auf die Zukunft vorbereitet. Barrierefreiheit sollte also nicht als Last, sondern als Chance verstanden werden, die digitale Welt für alle zugänglich und nutzbar zu machen.